Nun ist es ja so, daß Digitalisierung seit Monaten, wenn nicht Jahren in aller Industrie-Munde ist. Man muss sich verändern, um den Konzernen aus USA, im speziellen dem Silicon Valley, mit Ihren neuartigen Geschäftsmodellen Schritt zu halten. Die Cloud ist der vermeintliche Treiber für diese veränderte Geschäftskultur, die eine nicht einzuholende Geschwindigkeit ermöglicht.Die Technologie beherrscht man, Verbrennungsmotoren und industrielle Produktion von Elektronik, inklusive der Logistik für eine Globus-Umspannende Supply Chain. Und die IT unterstützt das traditionell Produktgetriebene Geschäft. Lediglich die Service Angebote, Dienstleistungen, wollen so recht sich nicht einstellen.
Und so braucht man auch hierzulande eine Cloud, eine Wolke, die das Heil des Internet und der Digitalisierung auf die hiesige Industrielandschaft abregnen soll. Die Cloud wird alles richten, wenn die KPMGs, Accentures und IBMs sie eingerichtet haben, mit Produkten von Microsoft, Amazon oder SAP. Auf dem Weg in die Digitalisierung verbleibt man in gewohnten Mustern, die sich für die Industrialisierung schon bewährt haben. Man sourct die IT aus, offshored nach Indien, wo Development Ressourcen billig zu haben sind um ein Digitalisierungsprojekt sehr kurzfristig üppig mit Ressourcen ausstatten zu können. Schliesslich ist keine Zeit zu verlieren, der Vorsprung ist aufzuholen.
Die notwendigen Requirements um dieses Ziel zu erreichen hat die Unternehmensberatung längst geliefert, und so muss das Team Programmierer lediglich liefern. Für Kreativität ist in einem Ende zu Ende optimierten Prozess kein Platz. Der Prozess hat sich bewährt.
Und so läuft das Projekt los, die Erwartungen sind hoch, man ist gespannt auf erste Ergebnisse. Natürlich agiert man Agil, Sprint um Sprint vergeht, es wird noch einen Sprint dauern, bevor man das Ergebnis bewundern darf. Auf dem Weg wird das kommenden Produkt immer wieder, wenn es dann notwendig ist, um Features, Wünsche und Funktionen ergänzt, um auch Nahe am Markt zu sein.
Nach Monaten wird aus der Softwarefabrik ein Minimum Viable Produkt geliefert, das in Augenschein genommen werden will. Natürlich ist das noch weit von Marktreife entfernt, so dass man mit Laien-Wissen nicht die Qualität der Software beurteilen kann, ein Experten-Gutachter muss das übernehmen. Der Spezialist, nach Wochen ist der richtige gefunden, erstellt einen Bericht, mehrere Seiten stark, bemängelt fundamentale Architektur des Produktes, die in der Softwarefabrik behoben werden muss.
Weitere Monate später ist man in der Lage, eine erste Version an den Markt zu bringen. In den App Stores ist die viel beworbene Software zu finden, man kann damit das Internet of Things kontrollieren, es ist die Zukunft, alles mit einem Fingertippen. Und schon wenige Tage später überschlagen sich die Meldungen der Sicherheitsforscher, die ein Problem mit der Kommunikation der App ausgemacht haben.
Erneut ist ein Spezialist gesucht, der das Produkt in Augenschein nimmt, dieses Mal aus der Perspektive der Sicherheit. Es dauert wiederum Wochen, bis alle Probleme identifiziert sind.
Keiner der Manager hat das Produkt in der ganzen Zeit anders gesehen, als ein Kunde das tun kann. Und das ist das Dilemma der Digitalisierung. Während die neuen Player der Digitalisierung technische Ausbildung und moderne Kommunikationsmittel nutzen um Wege kurz zu halten und Abstimmung zu beschleunigen, geht man in der alten Welt die bekannten Wege. Und so bleibt die Digitalisierung auf der Strecke.
Disclaimer: Der Autor ist seit kurzem Mitarbeiter eines großen, traditionsreichen, deutschen Konzerns um dort mit die Digitalisierung voranzutreiben. Die folgenden Gedanken sind in keiner Weise mit dem Konzern abgestimmt und spiegeln alleinig die Meinung des Autors wider.